aus dem Journal

Umweltschutz durch Bio-Anbau

Umweltschutz durch Bio-Anbau

Vor vier Jahren gründeten einige Weihnachtsbaumproduzenten die Initiative Bioweihnachtsbaum. Grund genug, mal reinzuhören, was sich in den vergangenen Jahren ereignet hat, und wie sich der Bio-Baum-Markt entwickelt. Das Nadel Journal sprach mit Bernd Pirrone, der sich als Sprecher für die positive Außenwirkung des kleinen aber feinen

Bio-Zusammenschlusses engagiert.

Nadel Journal: Im Herbst 2014 gründete sich die Initiative Weihnachtsbaum. Nun sind seit dem Startschuss vier Jahre vergangen – wenn Sie zurückblicken, waren es erfolgreiche Jahre?

Bernd Pirrone: Der Initiative geht es sehr gut. Wir haben einen ständigen Zuwachs und viele Anfragen. Vor vier Jahren schlossen sich sechs Bioweihnachtsbaumproduzenten aus Nordrhein-Westfalen zusammen, um die Bevölkerung über Bioweihnachtsbäume zu informieren. Das gelingt uns jedes Jahr wieder. Vergangenes Jahr haben wir sogar ein Informations-Video erstellt. Unsere Konzentration liegt darauf, den Endkunden zu informieren. Wir wollen den Bioweihnachtsbaum ins Bewusstsein des Nutzers bringen. Wir werden noch heute mit der Frage konfrontiert: „Wozu brauche ich Bio? Ich will den Baum doch nicht essen.“ Unser Bestreben ist die Nachhaltigkeit – unserer Umwelt und unseren Kunden zuliebe. Unsere Betriebe sind nach der EU-Verordnung Ökologischer Landbau zertifiziert und werden regelmäßig überprüft. Bei der Unkrautbekämpfung verzichten wir auf jeglichen chemischen Einsatz und halten die Bäume nur mechanisch sauber.

NJ: Wie viele Mitglieder hat die Initiative nun?

BP: Wir haben mittlerweile zwölf Mitglieder und ein 13. ist gerade dabei einzutreten. Das dauert bei uns länger als bei anderen Verbänden, da wir sehr viel Wert auf den persönlichen Kontakt legen und die Anwärter-Betriebe persönlich besuchen. Wir treffen uns generell drei bis viermal im Jahr. Es ist eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Die Betriebe handeln trotzdem kaufmännisch eigenständig. Die Gruppe lebt vom Austausch. Die Mitglieder vollziehen seit Jahren oder Jahrzehnten den Anbau von Weihnachtsbäumen im Rahmen ihrer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft, teilweise schon seit Jahren im ökologisch/biologischen Landbau. Mit unseren 13 Mitgliedern repräsentieren wir jedoch keine Marktmacht.

NJ: Wie meinen Sie das? Ist der Biobaum ein Nischenprodukt?

BP: Ja, so kann man das wohl bezeichnen. Wir können nicht gegen die Ketten anstinken und den Preiskampf beim Weihnachtsbaumeinkauf können wir ebenfalls nicht mitgehen. Der Biobaum kostet in der Produktion mehr, die erlaubten Mittel und die händische Arbeit auch. Die Vergleichbarkeit zum konventionell produzierten Baum ist nicht gegeben. Außerdem bekommen wir das logistisch nicht hin, die Produzenten sind zum Teil zu klein. Davon abgesehen produzieren wir keine Mengen. Zu­dem gibt es in der Gruppe auch eine Abneigung, die Großen zu bedienen.

NJ: Kann bei der Initiative jeder Mitglied werden?

BP: Jeder, der biologisch Bäume produziert, zertifiziert ist oder sich für diesen Schritt hin zur Nachhaltigkeit interessiert. Wir bekommen viele Anfragen, wie man Bio-Betrieb werden kann. Einige Firmen entscheiden sich, selbstständig Bio zu sein. Die bekommen von uns Support. Das machen wir quasi ambulant. Wer bei uns Mitglied werden möchte, zahlt eine einmalige Aufnahmegebühr von 250 Euro als Anerkennung des bisher Geleisteten. Dafür erhält er natürlich noch viel mehr als nur anfängliche Informationen. Wir haben drei bis vier Treffen im Jahr, bei denen wir uns in Gesprächsrunden austauschen. Wir reden dann über Schädlingsbefall, Bekämpfungsideen, Bürokratie und erörtern Fragen zur Marktentwicklung, Außendarstellung, Öffentlichkeitsarbeit und neue Projekte. Dabei geht es urdemokratisch zu, wie bei der Abstimmung über die Aufnahme neuer Mitglieder.

NJ: Und wer darf sich als Bio-Betrieb bezeichnen?

BP: Den Begriff „Bio“ dürfen nur zertifizierte Betriebe verwenden. Oft gebrauchen herkömmliche Produzenten das Wort „ökologisch“. Aber ökologisch ist gleich biologisch. Daher dürfen sie das nicht. Der Bio-Produzent durchläuft eine dreijährige Umstellungsfrist, um den Betrieb umstellen zu können und das Bio-Siegel zu bekommen. Zunächst meldet er sich an. Im Anmeldungsjahr darf er noch keine Werbung mit dem Wort „Bio“ machen. Im zweiten Jahr ist es dann schon erlaubt, die Bäume mit den Worten „in Umstellung auf Ökoland­bau 1. Jahr“ zu bewerben. Entsprechend erfolgt der Hinweis im nächsten Jahr auf das zweite Umstellungsjahr. Im Dritten darf man Bio-Bäume verkaufen. Dann be­kommt man das Siegel. Alle Betriebe werden jährlich von unabhängigen Kontrollstellen geprüft. Die Kontrolleure besichtigen alle Kulturen und Betriebsgebäude. Sie überprüfen auch die vorgeschriebenen Aufzeichnungen zum Einkauf von Düngern oder Pflanzgut. So können die Verbraucher sicher sein, dass sie echte Ökopflanzen erhalten.

NJ: Viele kleine Betriebe verwenden gar keine herkömmlichen Pflanzenschutzmittel oder Mineraldünger. Denen stellt sich bestimmt jetzt die Frage: Kann man seinen Betrieb quasi rückwirkend zertifizieren lassen?

BP: Ja, das funktioniert, sofern man nachweisen kann, dass man in den vergangenen drei Jahren nicht mit herkömmlichen Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden sowie mit Mineraldünger gearbeitet hat.

NJ: Wenn also die Formalitäten erledigt sind, dann geht es in der Praxis zur Sache. Wie arbeitet ein Bio-Produzent?

BP: Bei der ökologischen Pflanzenproduktion wird auf den Einsatz chemischer Syntheseprodukte, wie Fungizide, Herbizide und Insektizide sowie Kunstdünger und Wachstumsregulatoren, verzichtet. Stattdessen düngt man nur mit Mist und Gülle oder baut Gründüngung an und bekommt so die Nährstoffe in den Boden. Ebenso werden organische Fest- und Flüssigdünger, zum Teil mit Spurennährstoffen, wie zum Beispiel Haarmehlpellets und Patentkali genutzt. Das Unterkraut wird mit Untersaatmischungen sowie durch Mulchen im Zaum gehalten. In der Reihe arbeiten sie mit dem Freischneider. Daneben helfen die Shropshire-Schafe. Zur Terminaltriebregulierung wird die Top-Stopp-Zange genutzt. Pflanzenpräparate wie Algen-, Schachtelhalm- und Wermutextrakt, Ölemulsionen oder Brennnesseljauche sind für manche Einsatzgebiete zugelassen. Manch einer arbeitet beispielsweise mit Molke zur Pflanzenstärkung. In begrenztem Umfang können auch anorganische Schutzmittel wie Kupfersalze oder Netzschwefel eingesetzt werden.

NJ: Ob Dünger oder Spritzmittel, welche Mittel erlaubt sind, ist in der sogenannten FiBL aufgeführt.

BP: Richtig, die FiBL ist unsere Bibel. Sie ist ein ständiger Begleiter……..

NJ: Lieber Herr Pirrone, vielen Dank für das schöne Interview und die vielen Informationen zur Produktion von Bioweihnachtsbäumen. Vielleicht wird dieser Artikel den einen oder anderen Produzenten dazu inspirieren, seine Produktionsverfahren zu überdenken, weniger oder gezielter Pflanzenschutzmittel einzusetzen oder gar ganz auf Bio umzustellen.

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