aus dem Journal

Ein Spross des Waldes als Friedensbringer zum Fest

Ein Spross des Waldes als Friedensbringer zum Fest

Für viele ist erst Weihnachten, wenn auch der Weihnachtsbaum aufgestellt und geschmückt ist. Ein heidnischer Brauch gilt als Ursprung der Weihnachtsbaum-Tradition. Volkskundler gehen davon aus, dass der erste geschmückte Baum im 16. Jahrhundert von den städtischen Zünften aufgestellt wurde. Aber der Heilige Bonifatius, im Jahre 724 Bischof von Deutschland, war wohl der Erfinder des allerersten Christbaumes.

Der Brauch, einen Weih­nachtsbaum aufzustellen, ist älter als viele bisher angenommen haben. Neuere Recherchen haben ergeben, dass die Wurzeln dieses Brauchtums bis in das Jahr 724 zurückreichen und nicht heidnischen, sondern doch christlichen Ursprungs sind. Ja, natürlich ha­ben die germanischen Völker zur Wintersonnenwende ihre Türen mit immergrünen Zweigen geschmückt, um die bösen Wintergeister zu vertreiben. Aber schaut man tiefer in die Geschichte, stellt sich heraus, dass der Ursprung in Zeiten der Missionierung der germanisch-heidnischen Stämme liegt. Der Erfinder war kein Heide, sondern ein katholischer Priester. Und nicht nur irgendein Priester, sondern der Heilige Bonifatius, der Apostel der Deutschen. Somit begann der sanfte Siegeszug des Christbaumes tatsächlich in Deutschland.

Winfried, Sohn einer vornehmen sächsischen Familie im Königreich Wessex (im heutigen England), war es, der den Deutschen das Geschenk des Weihnachtsbaumes hinterließ. Er trat dem Benediktinerorden bei, empfing die Priesterweihe. Im Jahre 719 reiste er nach Rom, wo ihm Papst Gregor II. den Auftrag erteilte, die ungläubigen Völker zu missio­nieren. Der Papst war es auch, der ihm den neuen Namen Bonifatius verlieh. So reiste er mit seinem neuen Namen ins heutige Bayern, nach Thüringen und Hessen. Seine Missionsarbeit kam in Rom gut an. Der Papst weihte ihn zum Bischof für ganz Deutschland. Doch wie kam es nun dazu, dass Bonifatius der Erfinder des Christbaumes wurde?

Es ist in den Schriften „Vita Sancti Bonifatii“ des später heilig gesprochenen Bischofs überliefert, dass er im Jahre 724 kurz vor Weihnachten ein heidnisches Menschenopfer verhinderte. „Es sollte in Geismar, heute ein Teil der Stadt Fritzlar, unter der sogenannten Donar-Eiche vollzogen werden, um den Germanischen Gott Thor (Donar) milde zu stimmen. Um diesen schrecklichen Brauch auszumerzen und den versammelten Heiden die Bedeutungslosigkeit dieses Götzen zu zeigen, fällte Bonifatius die Eiche vor ihren Augen. Als er mit der Axt Hand an die Eiche legte, kam plötzlich ein starker Wind, riss den Baum um und spaltete ihn dabei in mehrere Teile. An der Stelle, wo die mächtige Eiche stand, ließ er aus deren Holz eine Kapelle errichten, die er dem Apostelfürsten Petrus weihte.“ Die Erzählung besagt, dass neben der gefällten Eiche ein junger Nadelbaum stand, der erst in dem Moment richtig sichtbar wurde, als die Eiche am Boden lag. Ob es eine Fichte oder Tanne war, geht aus den Quellen nicht eindeutig hervor. Man geht aber davon aus, dass es sich um eine Fichte handelte, aufgrund der Verbreitung dieser Baumart zu jener Zeit.

Bonifatius jedenfalls soll nach der Fällung der Eiche gesagt haben: „Dieser kleine Baum, ein junger Spross des Waldes, soll in dieser Nacht euer heiliger Baum sein. Er ist aus dem Holz des Friedens gemacht, denn auch eure Häuser sind aus Fichtenholz errichtet. Er ist das Zeichen eines Lebens ohne Ende, denn seine Zweige sind immergrün. Seht, wie er direkt zum Himmel zielt. Er soll der Baum des Christuskindes heißen. Versammelt euch um ihn, aber nicht im Wald, sondern in euren Häusern. Dort wird man keine Blutriten darbringen, sondern Gaben der Liebe und Güte.“

Es heißt in überlieferten Schriften weiter, dass Bonifatius den kleinen Fichtenbaum schmücken ließ. Die Kerzen entzündete er zu Ehren Jesu Christi, nachdem er von der Geburt bis zur Auferstehung des Jesus von Nazareth berichtet hatte. Die erstrahlte Fichte sollte die Geburt des menschgewordenen Gottes sichtbar machen. Und Bonifatius stellte jedes Jahr wieder in der aus Eiche errichteten kleinen Kirche einen Nadelbaum als Christbaum auf.

Von da an begann sich der Brauch langsam, aber kontinuierlich auszubreiten. Zwar gibt es erst wieder Hinweise aus dem Hochmittelalter, aber bis dahin hatte sich der Brauch schon weiterentwickelt. Zeugnis davon liefern die Paradiesspiele, welche am Heiligabend die Geschichte von Adam und Eva im Garten Eden, die Verführung durch die Schlange und den fatalen Biss in den Apfel der Erkenntnis erzählten. Die zentrale Requisite soll ein immergrüner Nadelbaum gewesen sein, der mit roten Äpfeln behängt war. Im Mittelalter ließ man den Baum oft kopfüber von der Decke hängen. Denn in den sehr kleinen Häusern war wenig Platz für einen Baum.

Der älteste nachgewiesene und konkrete Beleg für den Brauch, einen geschmückten Weihnachtsbaum aufzustellen, stammt aus Freiburg im Breisgau und geht zurück auf das Jahr 1419 – wobei die Originalquellen wohl verloren sein sollen. Die Bruderschaft der Bäcker stiftete dem Heiliggeistspital der Stadt einen Nadelbaum, richtete ihn auf und schmückte ihn. Ein Brauch, der offensichtlich in der Stadt bereits feststehende Tradition war und daher älteren Ursprungs sein muss. Für das Jahr 1507 wird gleiches aus der schweizerischen Hauptstadt Bern berichtet.

In Riga, heute Hauptstadt Lettlands, erinnert eine in acht Sprachen verfasste Tafel daran, dass im Jahr 1510 zu Weihnachten ein Baum geschmückt aufgestellt wurde. Es war die Bruderschaft der sogenannten Schwarzhäupter, die diesen Baum, der von Kindern mit Papierdekoration geschmückt worden war, aufstellen ließen, um ihn zu verbrennen. Interessant: Die Stadt war 1201 von Bischof Albert von Bremen gegründet worden. Anfang des 16. Jahrhunderts war die Stadt Riga von vielen Deutschen bewohnt – sie stand unter dem Schutz des Deutschen Ritterordens. So kam der Brauch also ins Baltikum.

Aus dem elsässischen Schlettstadt kommt der erste gesicherte Beleg aus dem Jahre 1521, dass nicht nur in öffentlichen Einrichtungen und auf öffentlichen Plätzen ein Baum aufgestellt wurde, sondern auch in Privathäusern. Im Straßburger Münster ist der Weihnachtsbaum erstmals im Jahre 1539 aufgetaucht. Schon von 1535 ist überliefert, dass in Straßburg kleine Eiben, Stechpalmen und Buchsbäumchen verkauft wurden, die noch ohne Kerzen in den Stuben aufgehängt wurden. In den Bremer Chroniken schilderte man im Jahre 1570 einen mit Äpfeln, Nüssen, Datteln und Papierblumen geschmückten Nadelbaum. In den Stadtarchiven tauchten Beschreibungen von dekorierten Bäumen auf. In Schlesien soll im Jahre 1611 die Herzogin Dorothea Sibylle von Schlesien den ersten Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen aufgestellt haben. Und das bekannte Lied „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum“, geht auf ein schlesisches Volkslied aus dem 16. Jahrhundert zurück.

Im 18. Jahrhundert wurde der Tannenbaum häufiger. Lieselotte von der Pfalz berichtete 1708 von einem Buchsbäumchen mit Kerzen. Goethe lernte den Weihnachtsbaum in Straßburg 1770 kennen. In seinem Werk „Die Leiden des jungen Werther“ ließ Goethe 1774 seinen Romanhelden von einem „aufgeputzten Baum mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln“ schwärmen. In Berlin stand 1780 der erste Weihnachtsbaum. Für das Jahr 1813 werden die ersten Weihnachtsbäume aus Wien und Graz gemeldet, 1815 aus Danzig……

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